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    Interview mit Dr. Frank Voßloh von der Viessmann Deutschland GmbH

    Testo: Wie ist die Stimmung im Heizungsmarkt?

    Frank Voßloh: Die Stimmung ist in der gesamten Branche angespannt. Wir haben in der Industrie sehr anstrengende, aber auch erfolgreiche Jahre hinter uns. Das lag einerseits an Corona, andererseits an der 2021 eingeführten Bafa-Förderung der Wärmepumpe. In Deutschland lag der jährliche Wärmeerzeuger-Markt in den vergangenen Jahren bei rund 700.000 Geräten. Die Bafa-Förderung hat das Richtung 900.000 bis 950.000 nach oben getrieben. Diese Entwicklung kam vergleichsweise zügig.

    Wir haben unsere Kapazitäten, trotz Lieferengpässen, sehr schnell hochgefahren. Der Trend ging auch aufgrund der Angst der Verbraucher vor Gasknappheit zu neuen Heizungen. Insbesondere auf Wärmepumpen.
    Jetzt wo sich die Gaslage beruhigt hat und durch die weiterhin unklare Lage beim Gebäudeenergiegesetz, spüren wir in der gesamten Branche eine abwartende Haltung. Was wir mitbekommen ist, dass die Endkunden massiv verunsichert sind und sich fragen: Was ist denn eine kommunale Wärmeplanung, wer bestimmt das denn, muss ich ein Beratungsgespräch haben, wird Gas teurer, wird Gas billiger, wie ist denn die Förderung, was passiert denn da überhaupt?

    Insgesamt ist momentan die Lage also etwas angespannt, weil wir eben nicht genau wissen, auf was wir uns einstellen müssen.


    Testo: Bundeswirtschaftsminister Habeck hat gesagt, dass er bis 2030 in Deutschland 6 Millionen Wärmepumpen will. Wie schätzen Sie das ein, hinsichtlich Kapazitäten, Fachkräfte und Gebäudebestand?

    Voßloh: Das formulierte Ziel ist nicht unrealistisch. Aus Sicht der deutschen und europäischen Industrie werden wir das schaffen. Wir haben die Kapazitäten massiv hochgefahren. Das Handwerk galt lange Zeit ein bisschen als limitierender Faktor für die 500.000 Wärmepumpen pro Jahr. Ich bin auch da optimistischer. Das Handwerk hat viel in Sachen Bildung getan. Wir tun auch viel für Schulungen, Upskilling und Reskilling. Wir arbeiten daran, dass die Wärmepumpen schneller und einfacher zu installieren sind. Also von daher sind die 500.000 verbauten Wärmepumpen pro Jahr grundsätzlich realistisch. Ich glaube aber nicht, dass dies schon im Jahr 2023 oder 2024 der Fall sein wird. Damit dies gelingt, muss es jetzt eine wirklich attraktive Förderung für die Wärmepumpe geben. Sonst werden viele Menschen bei der noch unklaren Gemengelage sagen: Na, dann warte ich doch mal ab.

    Denn wenn die kommunale Wärmeplanung ein entscheidender Bestandteil der Investitionsentscheidung bei den Endkunden wird, wird das dauern. Und zwar nicht Monate, sondern Jahre. Der Bund darf nach meiner Kenntnis keine Aufgaben – wie die Wärmeplanung – an die Kommunen delegieren. Das heißt im Klartext, dass was der Bund will, muss in 16 Bundesländern erstmal in Gesetze gefasst werden. Dafür werden Monate, wenn nicht Jahre drauf gehen. Die Kommunen haben sehr deutlich gesagt, dass sie mit dieser Aufgabe weder gerechnet haben noch Geld noch Leute dafür haben, das muss erst noch aufgebaut werden.


    Testo: Was ist beim COP der Wärmepumpen in den nächsten Jahren erreichbar?

    Voßloh: Der heute durchschnittliche COP von 4 bis 5 ist, wie ich finde, schon sehr gut. Die Wärmepumpe ist auch keine neue Technologie mehr, sie kommt jetzt in den Massenmarkt. Und das haben wir natürlich auch bei anderen Technologien im Hause Viessmann gesehen. Wenn man Jahr für Jahr an den Geräten entwickelt, dann holt man da immer noch was raus. Wenn wir den Kältekreislauf weiter optimieren, wird da sicherlich noch was bei der Effizienz der Wärmepumpen gehen.


    Testo: Sehen Sie darüber hinaus noch andere Stellschrauben, wie Wärmepumpen optimiert werden können?

    Voßloh: Ja, die Wärmepumpe ist ein technisches Gerät, bei dem für die Installation unterschiedliche Gewerke erforderlich sind. Das unterschätzt man manchmal ein bisschen. Einerseits die Außeneinheiten, die sowohl bei Viessmann als auch bei den Mitbewerbern keine Leichtgewichte sind. Da geht es um massive Geräte aus Alu und Stahl, die meist auf einem Fundament in einem Garten aufgestellt werden müssen. Dafür brauchen Sie einen Garten- und Landschaftsbauer, der dann auch die Strecke zum Haus in einem Graben aufmacht. Bei einer Wärmepumpe kommt hinzu, dass Handwerker im Bereich 380 Volt an den Schaltschrank ranmüssen. Damit haben Sie de facto mehrere Gewerke, die Sie auf einer Baustelle koordinieren müssen. Das spüren wir, das spüren auch unsere Kunden – das ist Koordinationsaufwand.

    Es ist jetzt unsere Aufgabe, die Handwerksbetriebe auf dem Weg zum Wärmepumpen-Spezialisten zu unterstützen. Das ist auch für uns ein nicht unerheblicher Aufwand entsprechende Netzwerke zu schaffen. Wir bemühen uns lokal und dezentral Kontakte herzustellen, damit unsere Kunden optimal in die Lage versetzt werden, so eine komplexe Aufgabe wie den Einbau einer Wärmepumpe optimal zu erledigen. Grundsätzlich muss sich das Handwerk umstellen. Dazu gibt es zwei Arbeitshypothesen: Die einen sagen, die SHK-Betriebe werden ihre Elektrokompetenzen aufbauen müssen. Die anderen sagen, dass die Elektro-Fachbetriebe anfangen, Wärmepumpen einzubauen. Mit der Kernkompetenz der Hydraulik, sich die Elektrik zusätzlich anzueignen, ist meines Erachtens der einfachere Weg, der in Zukunft genau der Richtige sein wird. Aber dazu lernen muss man, wer sagt, das geht mich alles nichts mehr an, der wird in 5 bis 10 Jahren im Abseits stehen.


    Testo: Werden bei Viessmann im Zuge der Wärmewende Investitionen in die Weiterentwicklung von der Gas- und Öl-Technologie zur Wärmepumpe umgeschichtet?

    Voßloh: Kurze Antwort: Ja. Viessmann hat angekündigt, eine Milliarde in grüne Klimalösungen, insbesondere in die Wärmepumpentechnologie zu investieren. Zwei Beispiele sind die Wärmepumpen-Werke in Allendorf und in Legnica (Polen). Und es gibt auch noch viele weitere Pläne. Und Wasserstoff sehe ich im Hochlauf erstmal in der Hochtemperatur-Wärme, das heißt in Stahlwerken, Betonwerken usw. Wir sind dennoch auch bei dem einen oder anderen Wasserstoff-Pilotprojekt involviert. Zum Beispiel wird in Kaisersesch zurzeit eine Insellösung aufgebaut. Da sind wir mit Brennwertgeräten und Brennstoffzellen-Heizgeräten dabei, die 100 Prozent Wasserstoff verarbeiten können. Sollte Wasserstoff ein ernsthaftes Thema in der Wärmeversorgung werden, werden wir da nachhaltig investieren. Bis dahin liegt der Fokus auf Wärmepumpen.


    Testo: Wie schätzen Sie die weltweite Konkurrenz im Wärmepumpen-Markt ein?

    Voßloh: Da wir aller Voraussicht nach künftig zu einer amerikanischen Unternehmensgruppe gehören werden, sind wir ganz gut aufgestellt. Es gibt aber auch einige Mitbewerber, die momentan auftrumpfen. Wir werden mit Carrier die Nummer 4 in der Welt. Insgesamt kommt der weltweite Markt aber stark in Bewegung.

    Im Portrait: Dr. -Ing. Frank Voßloh

    Geschäftsführer Viessmann Deutschland GmbH

    Dr. Frank Voßloh (56) ist Geschäftsführer der Viessmann Deutschland GmbH in Allendorf. Der gebürtige Sauerländer startete seine Karriere nach dem Studium der elektrischen Energietechnik am Institut für Hochspannungstechnik an der RWTH Aachen zunächst als Niederlassungsleiter bei AEG. Danach wechselte er in die Geschäftsleitung der Thyssen Krupp AG/Hi Serv. Über weitere Führungspositionen, etwa bei der Gea Group und als Sprecher der Geschäftsführung der TÜV Rheinland Industrie Service in Köln, kam er 2012 zu Viessmann Deutschland.

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