Testo: Wie ist nach Ihrem Empfinden die Stimmung im Heizungsmarkt?
Matthias Elsasser: Bei der Kundschaft merkt man aufgrund der Politik der letzten Wochen und Monate eine starke Verunsicherung. Die Leute wissen nicht, wo es hingeht. In Deutschland haben wir vor ein bis zwei Jahren einen sehr guten Start in regenerative Technik gehabt, wir hatten auch das preisliche Umfeld, um das voranzutreiben. Mittlerweile sind aber auch die Energiepreise für Strom relativ hoch geworden, was bei Wärmepumpen ein wichtiger Faktor ist. Zwar gibt es jetzt den Strompreisdeckel, der für eine gewisse Zeit gilt. Das sind aber alles Faktoren, die Unsicherheit schüren. Der Kauf einer Heizungsanlage ist immer auch eine Entscheidung für die Zukunft. Die Unsicherheit besteht aber: Soll ich mir eine Gasheizung, die Wasserstoff ready ist, einbauen oder eine Gasheizung mit Bioanteil oder nehme ich eine Wärmepumpe?
Kunden stellen sich auch die Frage, was passiert, wenn alle E-Auto fahren und eine Wärmepumpe haben. Packen das unsere Stromnetze, funktioniert das alles? Da ist unsere Regierung in der Verantwortung, die Umfeldmaßnahmen zu schaffen, dass wir ausreichend regenerative Energien zur Verfügung haben zu einem bezahlbaren Preis. Dann können wir das alles umsetzen und das würde auch für eine positive Stimmung im Heizungsmarkt beitragen.
Bei den Handwerkern im Heizungsmarkt gibt es im Neubausegment sehr starke Auftragseinbußen. Der Neubau geht ja fast komplett zurück, gerade im Einfamilienhausbereich ist es schon gravierend, was da passiert. Bei der Sanierung hingegen besteht eine sehr starke Nachfrage.
Testo: Bis 2030 sollen laut Bundesregierung 6 Mio. Wärmepumpen installiert sein. Wie realistisch schätzen Sie das ein?
Elsasser: Von Herstellerseite aus können wir das. Wir werden auch die Maschinen entsprechend weiter entwickeln. Das heißt, durch mehr Plug-and-Play und serielle Vorfertigung wird die Installation langfristig schneller vonstattengehen. Aber nichtsdestotrotz brauchen wir die Leute, die es einbauen. Viele der Installierenden sind über 50 Jahre alt, das heißt, in den nächsten 10 bis 15 Jahren werden wir einige an Fachkräften verlieren. Deshalb tun wir alle gut daran, das Handwerk zu stärken. Daikin selbst unterstützt das SHK-Handwerk mit VDI- und eigenen Schulungen. Wir bauen gerade unseren Service-Bereich sehr stark aus, um dem Wachstum und der Nachfrage gerecht zu werden. Wir wollen die Handwerker unterstützen je nach Anforderung, damit sich der Handwerker um seine Kernaufgaben kümmern kann. Mit unserem Service- und Trainings-Angebot möchten wir Heizungsbauer für uns gewinnen.
Testo: Was erhoffen Sie sich vom Wärmepumpengeschäft?
Elsasser: Man hört aktuell sehr viel aus dem Markt: Wärmepumpen funktionieren im Altbau nicht, Wärmepumpen können dies oder jenes nicht. Es wird aktuell viel Populismus gemacht. Ich antworte darauf, das richtige Gerät am richtigen Platz: Jeder Hersteller hat Tools, um Heizungsbauer und Energieberater bei der Planung zu unterstützen. Wichtig ist zu schauen, was hat der Kunde für ein Nutzerverhalten? Welchen Warmwasser-Komfort braucht er? Was hat er für Raumtemperaturen? Wir haben 2018 eine Wärmepumpe für die Renovation eingeführt. Diese arbeitet mit doppelter Einspritzung, was einmalig ist am Markt und deswegen können wir rein aus dem Verdichter tatsächlich 70 Grad Vorlauftemperatur bei -15 Grad garantieren. Wir sind aktuell bei einer groß angelegten Messung von Wärmepumpen im Bestand bei Fraunhofer ISE beteiligt, bei der unsere Maschinen sehr erfolgreich abschneiden.
Testo: Beim COP bewegen wir uns zwischen 4 und 5 und da würde mich mal interessieren, was sie da so für mich in den nächsten Jahren?
Elsasser: Ich bin eher für den SCOP als für den COP, weil der COP ein Laborwert ist, der unter festen Bedingungen gemessen wurde. Beim SCOP wird die Anlagentechnik hintendran berücksichtigt, das Nutzerverhalten, der Warmwasserbedarf, der Standort wo die Maschine aufgestellt ist und die Betriebsart. Wir haben Wärmepumpen, bei denen wir mit höheren Jahresarbeitszahlen arbeiten können. Aber ob das für den Kunden wirtschaftlich Sinn macht, liegt auch an der übrigen Anlagentechnik. Es ist wichtig, dass die Anlagen richtig begutachtet und eingeschätzt und bei richtiger Systemtemperatur betrieben werden. Vor allem, dass die Wärmepumpen nicht überdimensioniert werden. Man sollte den Kunden mehr zur Funktionsweise der Wärmepumpen und zum effizienten Nutzerverhalten beibringen.
Testo: Wird sich die Bauart der Wärmepumpen darüber hinaus weiterentwickeln?
Elsasser: Wir haben eine der leichtesten Wärmepumpen-Geräte und schon sehr viel Vorfertigung drin. Es wird immer mehr zu modularen Baugruppen kommen. Was sich aber nicht verhindern lässt ist, dass der Fachmann noch einen elektrischen Anschluss sowie die Leitungsverbindung zwischen innen, außen und der Heizungsverteilung legen muss. Wir bekommen mit, dass Heizungshandwerker vermehrt Elektriker einstellen oder mit Elektrofirmen Kooperationen schließen, um diesen Aufgaben gerecht zu werden.
Testo: Findet nur noch Weiterentwicklung im Bereich Wärmepumpe statt?
Elsasser: Daikin ist ein Konzern, der weltweit tätig ist. Wir haben eine der größten Fertigungsstätten für Gas-Wandgeräte in der Türkei. Wir bedienen den asiatischen und auch südeuropäischen Raum. Einerseits ist klar, dass wir nicht von heute auf Morgen vom Gas wegkommen. Andererseits kann es nicht die Zukunft sein, dass wir eine 1.200 Grad heiße Flamme verbrennen, um nachher 20 Grad Raumtemperatur zu erhalten. Für den deutschen Markt liegt der Fokus auch aufgrund der Energiewende ganz klar im Bereich Wärmepumpe. Wir sehen in der Technik die Zukunft. Darüber hinaus denken wir immer in Komplettsystemen und bieten diese auch an. Uns ist wichtig, so viel wie möglich selbst zu produzieren und den Service dazu anbieten.
Testo: Wie schätzen Sie die Situation im Wärmepumpenmarkt ein?
Elsasser: Im Jahr 2006 haben wir die Wärmepumpe zum Heizen im europäischen Markt eingeführt; 2011 haben wir ein Kompaktgerät auf den Markt gebracht, bei dem wir Warmwasserspeicher mit Hydraulik kombiniert haben; 2019 haben wir eine Maschine für die Renovation herausgebracht. Wir sind Innovationstreiber und wenn man unsere Systeme mit einem Auto vergleicht, dann haben wir unsere Stärken bei Antrieb und Motor (also Verdichter). Bei uns arbeiten allein 800 Ingenieure nur im Bereich des Kältekreises, also an der Verdichtertechnik. Das sind unsere Stärken und da stehen wir dazu. Da haben wir noch einen großen Vorsprung.
Im Portrait: Matthias Elsasser
Produktmanagement Heating Daikin Airconditioning Germany GmbH
Matthias Elsasser (50) leitet seit Anfang Sommer 2019 das Produktmanagement Heating der Daikin Airconditioning Germany GmbH, der deutschen Niederlassung des weltweiten Marktführers für Wärmepumpen- und Klimasysteme Daikin Industries Ltd. mit Sitz in Osaka, Japan. Er verantwortet den Aufbau und die kontinuierliche Entwicklung des Portfolios sowie die Abstimmung und Implementierung von Produktstrategien.
Zuvor hat Elsasser bei der Daikin Tochter ROTEX 3 Jahre lang das Produktmanagement aktiv vorangetrieben und war davor seit 1998 in leitender Position im Service tätig.
Modul 1: Wärmepumpen verstehen
Modul 2: Grundlagen und Hauptkomponenten
Modul 3: Richtig Planen und Messen
Modul 4: Schall
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